Handysucht bekämpfen: Symptome und Lösungen

Handysucht

Handysucht bekämpfen: Ist die Handysucht zu einer kollektiven Abhängigkeit geworden? Welche Symptome gehen mit einer möglichen Handysucht einher? Und wie lässt sich suchtartiges Verhalten reduzieren?
Das Smartphone ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Es begleitet uns vom Aufwachen bis zum Einschlafen. Da innerhalb weniger Jahre zahlreiche Facetten unseres Lebens digitalisiert wurden, sind unser privates und berufliches Miteinander, unsere Organisation und Verbindlichkeit und unsere Planung und Meinungsbildung ohne Smartphone vermeintlich nur noch schwer möglich.
Aus dem kleinen Telefon in der Hosen- oder Handtasche ist längst ein vollwertiger Computer geworden. Ein Werkzeug mit so vielen Funktionen, dass wir es immer bei uns tragen wollen – und inzwischen immer öfter sogar müssen, um unseren Alltag bewältigen zu können.
Sind wir abhängig geworden?

Mein Buch „Achtsam oder abgelenkt?“ informiert über Hintergründe und Zusammenhänge der Anziehung digitaler Medien, stärkt das Bewusstsein für den Wert unserer Aufmerksamkeit und gibt Anregungen für eine gesunde Nutzung.

Das Thema ist auch Bestandteil meines Achtsamkeitseminars auf Sylt.

Handysucht – gibt es das?

Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist die Handysucht keine anerkannte Krankheit – die Spielsucht hingegen schon. Dennoch kann das eigene Nutzungsverhalten Parallelen zu einem suchtartigem Verhalten aufzeigen. Wir greifen u.a. auch deshalb oft völlig unbewusst und automatisch zum Handy und verweilen dann länger als vorgeplant, weil viele Anwendungen belohnungsorientiert designt sind.
Generell gilt es, den Begriff Sucht im digitalen Kontext vorsichtig zu verwenden, da sich der Übergang zwischen gewöhnlichem, exzessivem und suchtartigem Medienkonsum fließend gestaltet. Ob es sich um echtes Suchtverhalten oder um starke Mediennutzung handelt, ist schwer abzugrenzen und lässt einen gewissen Spielraum.
In einer Welt, in der sich immer mehr virtuell ereignet und wir mit unserer Familie, dem Freundeskreis und Kollegium digital in Kontakt stehen, treten wir alle häufiger aus dem analogen in das virtuelle Leben über. Demnach kann die reine Online-Zeit nicht als Kriterium für Mediensucht herangezogen werden. Schließlich macht es einen Unterschied, ob wir während unserer Online-Zeit lernen, arbeiten oder entspannt einen Podcast hören, oder ob wir gamen oder keinen Ausweg aus den sozialen Medien oder der YouTube-Schleife finden.

Abgrenzung einer Handysucht

Steckt hinter diesem Übertreten in die virtuelle Welt eine echte Sucht mit problematischen Gewohnheiten, so nimmt diese immer mehr Gedanken und Lebensbereiche ­­­ein. Kriterien für einen gesunden Umgang mit digitalen Medien im Allgemeinen, oder Computerspielen im Speziellen, sind die Kontrolle über das eigene Verhalten und dass wir uns selbst nicht aus den Augen verlieren, während wir online sind oder gamen.

Zu viel Handy: Symptome einer suchtartigen Mediennutzung

Die folgenden Verhaltensweisen können auf eine Handysucht hindeuten:

  • Kontrollverlust über die eigene Handynutzung
  • Interessensverlust an Hobbys und Freizeitbeschäftigungen sowie Vernachlässigung anderer Lebensbereiche
  • Entzugssymptomatiken (Nervosität, Ängstlichkeit, Reizbarkeit)
  • Täuschung des Umfelds hinsichtlich des Umfangs der Handynutzung
  • Erfolglose Versuche den Handykonsum zu kontrollieren
Handysucht bekämpfen

Handysucht bekämpfen: Vier Tipps, die dir helfen, wenn du zu viel am Handy bist

1.) Bewusstsein für das eigene Nutzungsverhalten entwickeln

Ein achtsamer Umgang mit digitalen Medien beginnt mit dem Reflektieren des eigenen Nutzungsverhaltens:
Welche Anwendungen nutzt du wie oft, wie lange, aus welchem Grund und in welchen Situationen?
Und was macht das mit dir?
Erst wenn wir die Automatismen unserer Nutzung erkennen, können wir unsere Gewohnheiten verändern und somit unsere mentale Gesundheit schützen.

2.) Handysucht bekämpfen durch regelmäßige digitale Auszeiten

Aus den Augen, aus dem Sinn: Es hat sich bewährt, das Smartphone außer Sichtweite zu legen, um Ablenkungen zu reduzieren oder im Feierabend zur Ruhe zu kommen. Bewusst gewählte Räume und Zeiten können bei der Entwicklung neuer Gewohnheiten helfen. Die erste Stunde nach dem Wachwerden und die letzte Stunde vor dem Einschlafen sowie die Mahlzeiten sollten displayfrei gestaltet werden. Spätestens im Urlaub sollten wir abschalten und uns Zeit für uns selbst nehmen.

3.) Balance in die Lebensbereiche bringen

Je mehr Zeit und Raum das Smartphone einnimmt, umso mehr bleibt unser analoges Leben auf der Strecke. Es gilt, regelmäßig Tätigkeit zu unternehmen, die Freude bereiten, Kraft schenken und in denen wir aufgehen. JOMO, Joy of missing out, nennt man die Freude, etwas zu verpassen, und dem persönlichen analogen Erleben einen größeren Wert beizumessen. Wenn zu viel am Handy bist, unternimm ganz bewusst analoge Aktivitäten, die dir Freude bereiten.

4.) Handysucht bekämpfen und das soziale Netz stärken

Als Menschen sehnen wir uns nach Anbindung. Doch anstelle sich stundenlang in der virtuellen Welt aufzuhalten, sollten wir mehr Zeit mit unseren Kontakten im direkten Umfeld verbringen und gemeinsame Erlebnisse erschaffen. Wichtiger als soziale Medien ist das soziale Netz im analogen Leben. Das schenkt uns echten Halt und wahres Glück.

Weitere Hintergründe und Tipps findest du in meinem Buch oder beispielhaft in den Stuttgarter Nachrichten.

Alleine reisen ist Persönlichkeitsentwicklung

alleine reisen als Frau

„Du willst alleine reisen? Hast du keine Angst?“ Wie oft habe ich diese Fragen vor meiner Abreise nach Südamerika gehört … Und ich konnte sie schlicht nicht nachvollziehen. Das war in den Jahren 2005 und 2009. Damals hatte ich meine inneren Gründe, die so groß waren, dass da gar kein Platz für Angst war. Heute stelle ich fest, dass ich diese Frage manchmal selbst an mein altes Ich richte.
Und doch: Ich würde es immer wieder tun und auch andere dazu ermutigen. Denn alleine zu verreisen erweitert den Horizont nicht nur im geographischen Sinne und ermöglicht somit Persönlichkeitsentwicklung auf besondere Weise.

Alleine reisen

Wer alleine verreist, ist zunächst auf sich gestellt: Man muss selbst auf das Reisegepäck aufpassen, Entscheidungen allein treffen, Abfahrten organisieren, Unterkünfte finden etc.. Doch ich habe die Erfahrung gemacht, dass man überall hilfsbereiten Menschen begegnet. Was für einen selbst die Fremde darstellt, ist für andere der Alltag. Man taucht ein und wird Teil – und wenn es nur für einen kurzen Augenblick ist, in dem wir die Frage nach dem richtigen Bus stellen. Im Prinzip sind wir nirgends wirklich allein unterwegs. Wir können mit Fremden ins Gespräch kommen, ein Stück des Weges gemeinsam gehen oder mit anderen Reisenden ein paar Tage gemeinsam unterwegs sein.

Wenn wir alleine reisen, sind wir achtsamer

Wer alleine unterwegs ist, ist aufgeschlossener für Begegnungen. Der Austausch mit Unbekannten und sich für kurze Zeit auf deren Welt einzulassen, kann sehr bereichernd und erfüllend sein. Wir lernen andere Lebensweisen und neue Perspektiven kennen.
Außerdem nehmen wir die Umgebung achtsamer wahr, da wir nicht mit vertrauten Personen in Gespräche vertieft sind. Je weniger uns ablenkt, desto einfacher entdecken wir große Landschaften und kleine Details, und erleben somit intensiver.
Ein Reisetagebuch zu führen hilft, die Erlebnisse und Gedanken zu sortieren und zu verarbeiten. Außerdem erschafft man sich damit eine wunderbare Erinnerung an eine besondere Zeit. Bei mir sind aufgrund meiner Aufzeichnungen ungeplant meine ersten beiden Bücher entstanden.

Alleine verreisen und bei sich ankommen

Und doch: Wer alleine verreist, bleibt immer wieder mit sich selbst zurück. Sowohl in schwierigen Augenblicken (in dunklen, menschenleeren Straßen oder wenn man die Unterkunft nicht findet) als auch in den schönsten Momenten (wenn man den Berggipfel erreicht oder genüsslich eine Tasse Tee trinkt). Dann wünscht man sich jemanden an seiner Seite, mit dem man die Situation und die eigenen Gedanken und Gefühle teilen kann.
Doch wenn man es schafft, diese manchmal auch schwierigen Phasen mit sich selbst durchzustehen und auch die tollsten Aussichten ganz für sich allein zu genießen, dann ist man beim Unterwegssein bei sich angekommen.

Alleine verreisen ist Persönlichkeitsentwicklung

Wer alleine verreist verbringt viel Zeit mit sich selbst und erweitert den Horizont auf vielen Ebenen. Werte verschieben sich, man wächst an herausfordernden Situationen und gewinnt neue Erkenntnisse.
Das ist der Grund, warum das Alleinreisen stärker, unabhängiger und zuversichtlicher macht und Persönlichkeitsentwicklung ist. Man findet sich zurecht: In sich selbst mit sich selbst. Aber auch da draußen in der – für uns – unbekannten Welt.

Alleine reisen als Frau

Alleine reisen als Frau bringt in manchen Ländern besondere Herausforderungen mit sich, da man von Fremden oft zweideutig angequatscht wird. Ich habe selbst Momente erlebt, in denen ich plötzlich kein klares Bauchgefühl hatte und meine Menschenkenntnis den kulturellen Unterschied nicht einordnen konnte. Doch aus der Not heraus habe ich mich auf den Menschen eingelassen, der mir seine Hilfe angeboten hatte.
Diese Spannung zwischen Abenteuer und Risiko sowie Gelingen und Glücksmomenten ist Herausforderung und Reiz zugleich, wenn man alleine reist. Durch die richtige Vorbereitung über Land und Leute, das Vertrauen in die eigene Intuition sowie eine angemessene Vorsicht zu bestimmten Zeiten an bestimmten Orten, habe ich mich jedoch meistens sehr sicher gefühlt, auch wenn ich als Frau allein durch Südamerika gereist bin.

Gruppenreise für Alleinreisende als Einstieg

Schließlich geht es vielleicht genau darum, die eigene Komfortzone zu verlassen und dadurch innerlich zu wachsen.
Wer Angst vor dem Alleinreisen hat, kann mit kleinen Unternehmungen anfangen. Kurze Ausflüge in die Nähe oder sich einer Reisegruppe für Alleinreisende anzuschließen, können erste Schritte sein. So ist man mit zunächst unbekannten Menschen unterwegs und zugleich nicht auf sich allein gestellt. Es gibt Organisationen, die sich auf das Angebot für Gruppenreisen für Alleinreisende spezialisiert haben. Bei dieser Form des Reisens ist man gemeinsam unterwegs und hat doch immer wieder Zeiten für sich.

Gruppenreise für Alleinreisende

An meinen Achtsamkeitskursen nehmen überwiegend Alleinreisende teil. Somit biete ich heute gewissermaßen selbst die Möglichkeit einer Gruppenreise für Alleinreisende an. Natürlich nehmen an meinen Seminaren auch Paare (Pärchen, Geschwister, Freund*innen) teil, doch die meisten Personen reisen allein nach Sylt und während der Achtsamkeitswoche zu sich selbst. Denn darum geht es in meinem Angebot: Unterwegs sein und bei sich selbst ankommen. So, wie ich es selbst erlebt habe.

Aspekt Nachhaltigkeit

Im Sinne der Nachhaltigkeit würde ich Fernreisen mit dem Flugzeug nur dann unternehmen, wenn man mehrere Monate dafür Zeit hat. Ansonsten erreicht man auch mit der Bahn oder zu Fuß spannende Orte. Letztlich geht es beim Alleinreisen mindestens genauso sehr um das innere Entdecken, auch wenn das vielleicht nicht die vordergründige Absicht ist.

Alleine reisen als Frau: Mein Reisetagebuch

„Dass das Sammeln immaterieller Momente viel leichter ist, aber wesentlich schwerer wiegt, ist wohl die beste Erkenntnis meiner Reise. Denn das Substanzlose erschwert den Rucksack nicht, aber bereichert die Seele.

Reisen bedeutet, leben lernen.
Das Leben selbst als Reise zu begreifen.
Denn die kleine Reise ist ein Sinnbild der großen Reise.“

Aus meinem Buch „Zwischen den Zeilen reisen

Die Geschichte vom Holzfäller und über persönliche Kraftquellen

Kurzgeschichten zum Nachdenken

Kraftquellen finden und schützen

Kraftquellen zur Priotität machen: Leuchtet eine Warnleuchte im Auto auf, ist es klar, dass wir bald die nächste Werkstatt ansteuern, und wenn der Akku unseres Smartphones fast leer ist, schließen wir es unmittelbar an die nächste Steckdose an. Einen leeren Akku lassen wir meist gar nicht zu.

Nur bei uns selbst übergehen wir diesen Punkt recht schnell. Ist unser Alltag stressig, voller Termine und Verpflichtungen, vernachlässigen wir unsere eigenen Bedürfnisse und Kraftquellen häufig als erstes. Eine Zeit lang stellt das kein Problem dar, doch ist dies ein Dauerzustand, erschöpfen wir über kurz oder lang unsere Ressourcen. Und damit uns selbst.

Die Geschichte vom Holzfäller

Die Geschichte vom Holzfäller bringt auf den Punkt, was passiert, wenn wir unsere persönlichen Kraftquellen vernachlässigen:

Kennst du die Geschichte von dem erschöpften Holzfäller, der seine Zeit und Kraft verschwendete, weil er mit einer stumpfen Axt arbeitete?

Als ihm jemand vorschlug, zunächst seine Axt zu schärfen, antwortete der Holzfäller:

»Dafür habe ich keine Zeit, ich muss doch Bäume fällen.«

Kraftquellen und die Geschichte vom Holzfäller

Die unscharfe Axt – der unscharfe Alltag

Ich hatte auch keine Zeit für die Tasse Tee, das verlockende Nichts, geschweige denn für einen Spaziergang ohne Blick auf die Uhr. Ich hetzte weiter durch den Dschungel der Aufgaben und konnte längst nicht mehr klar sehen. Mich nicht, meine Bedürfnisse nicht und alles andere auch nicht. Alles erschien unscharf, weil ich meine Axt viel zu lange nicht gewetzt hatte.

Der ewig unerledigte Punkt meiner To-do-Liste heißt Selbstfürsorge

Meist leidet diese unter den stressigen Phasen als erstes und am stärksten.
Und mal ganz ehrlich:
Wer kennt heute noch stressfreie Zeiten?
Eine Kalenderwoche ohne Termine?
Einen Tag nur für sich?
Eigentlich sägen wir doch die ganze Zeit an irgend­welchen­ Bäumen herum und merken nicht, dass sie einfach nicht fallen wollen. Weil wir uns nicht fallen lassen, uns viel zu viel gefallen lassen, uns die Zeit für uns nicht nehmen und uns damit das Wichtigste nehmen: Die Möglichkeit zum Kräftesammeln.

Vielleicht ist unsere Welt zu vollgestopft mit unerschöpflichen Aufgaben und verlockenden Chancen?
Vielleicht schenken wir uns aber auch einfach zu wenig Raum für uns selbst.

(Aus meinem Buch „Verlauf dich nicht„)

Persönliche Kraftquellen finden

Was brauche ich, damit es mir gut geht?
Und was nimmt mir Kraft?

Manchmal erlebe ich in meinen Achtsamkeitskursen Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die zunächst keine Antworten auf diese Fragen haben. Doch sind diese zentral für unser persönliches Wohlbefinden. Erst wenn wir wissen, was für uns persönlich wichtig ist, wo wir Kraft tanken oder Entspannung und Freude finden, können wir diese Kraftquellen bewusst schützen und sie zur Priorität in unserem Alltagsleben machen.

Was füllt deinen Akku?

Das habe ich auf Instagram gefragt. Hier kommt eine Auswahl der Antworten, die ich teils zu Kategorien zusammengefasst habe. Vielen Dank für eure Impulse.

Liste mit möglichen Kraftquellen

kraftquellen

Kraftquellen sind wichtige Anker im Alltag

Für unsere Kraftquellen sollten wir regelmäßig kleine Lücken im Kalender und Pausen im Alltag lassen. Hilfreich ist es, unsere persönlichen Vorhaben, privaten Verabredungen und Hobbys wie einen regulären Termin in den Kalender einzutragen – auch Zeiten des Nichtstuns oder Zeit, die man allein verbringen möchte. Ist ein Zeitfenster bereits vergeben, dann besetzen wir es nicht leichtfertig mit etwas anderem.

Letztlich nähren wir uns aus einer Vielzahl verschiedener Elemente. Deshalb sollten wir all unseren Lebensbereichen Aufmerksamkeit schenken. Nimmt beispielsweise die Arbeit oder die Pflege von Angehörigen einen zu großen Raum ein, ist es klar, dass auf der anderen Seite weniger Zeit für die Familie oder Hobbys bleibt.

In Balance leben

Manchmal ist einem selbst die konkrete Ursache für ein Gefühl von Erschöpfung oder persönlicher Unzufriedenheit nicht bewusst. Wenn Anforderungen und Kraftquellen in einem ungünstigen Verhältnis stehen und wir unseren Kraftquellen mehr Zeit einräumen, können bereits kleine Veränderungen große Wirkungen erzielen.

Stecken größere Strukturen und Konstrukte hinter der fehlenden inneren und äußeren Balance, lohnt sich die echte Auseinandersetzung mit der persönlichen Situation. Wenn wir Zeit- und Energieräuber erkennen, individuelle Stressauslöser sowie eigene Bedürfnisse, Wünsche und Ziele definieren, gewinnen wir Klarheit und können das Leben selbstbestimmt ausrichten. Das machen wir in meinem Achtsamkeitskurs auf Sylt.

Und was füllt deinen Akku?

Die vier Stresstypen

Vier Stresstypen

Damit Burn-out in deinem Leben keine Chance hat:

Die vier Stresstypen analysiert von Dr. Brigitte Bösenkopf: Wir alle haben Stress – vermeiden lässt er sich in unserer modernen, durchdigitalisierten Welt kaum. Wie wir mit diesem Stress umgehen, ob wir ihn als Wachstumschance nutzen oder in die Stressfalle geraten, das können wir selbst bestimmen.
Anhand der von ihr identifizierten vier Stresstypen hilft Frau Dr. Brigitte Bösenkopf Betroffenen dabei, einen Weg aus dem Ausgebranntsein hinein in ein gesundes, erfülltes Leben zu finden.

Ein Gastartikel von Frau Dr. Brigitte Bösenkopf

Stress ist nicht gleich Stress

Was genau meinen wir, wenn wir von Stress sprechen?
„Stress tritt dann auf, wenn die Anforderungen aus der Umgebung oder die inneren Anforderungen die Reaktionsmöglichkeiten einer Person überfordern“ (Richard Lazarus, 1984). Bei dieser immer noch gültigen Definition handelt es sich um krankmachenden Stress, der auch Disstress genannt wird.

Die häufigsten Auslöser für diesen gefährlichen Disstress:

  • Zu hohe Anforderungen im Beruf
  • Ständige Erreichbarkeit
  • Freizeit- und Familienstress
  • Konflikte auf der Arbeit oder in privaten Beziehungen
  • Gesundheitliche Sorgen und Belastungen durch Pflege von Angehörigen

Was aber gern vergessen wird: Die eigenen Ansprüche und Erwartungen spielen eine entscheidende Rolle, ob eine Situation als willkommene Herausforderung betrachtet wird oder als kaum zu bewältigende Belastung.

Individuelles Stressprofil

Jeder Mensch bewältigt seinen Stress anders, auch wenn die körperliche Reaktion die gleiche ist. Dabei entwickeln wir ein für uns typisches Stressprofil, das sich auch auf der körperlichen Ebene zeigt. Manchen schlägt Stress auf den Magen, andere entwickeln Spannungskopfschmerz oder reagieren mit erhöhtem Herzschlag auf die Situation. Manche Personen werden unter Stress immer gereizter und hektischer, andere ziehen sich zurück.

Sind wir alle gleich gestresst?

Menschen verarbeiten Stress unterschiedlich, das zeigte uns die Stressstudie der Techniker Krankenkasse (2016):

  • Mehr als 60 Prozent der Deutschen gaben an, manchmal bis häufig beruflich oder privat gestresst zu sein.
  • 63 Prozent der Frauen und 58 Prozent der Männer hatten das Gefühl, selbst in Zeiten der Entspannung und in Ruhephasen unter Strom zu stehen.
  • 82 Prozent der 30–39-Jährigen gaben sogar an, starke Stresszustände zu kennen und mit Vollgas durch ihr Leben zu rennen.

Nicht weniger dramatisch fielen die Ergebnisse einer österreichischen Studie aus dem Jahr 2017 zum Thema Burn-out aus: Nur 52 Prozent der Befragten sind als gesund zu betrachten, 19 Prozent befinden sich bereits in einem Frühstadium von Burn-out.

Wir sind also nicht alle gleich stark gestresst. Was aber machen die knapp 40 Prozent in Deutschland und rund 52 Prozent in Österreich anders, wenn es um ihren Umgang mit Stress geht?

Dein Stresstyp bestimmt, wie gut du den Alltag bewältigst

Die vier Stresstypen

Vielleicht erkennst du dich in einem der Typen wieder, es sind aber auch Mischtypen möglich:

Stresstyp 1: Der „leistungsorientierte Workaholic“ und seine Eigenschaften

  • Einzelkämpfer
  • Guter Analytiker
  • Starke Sachbezogenheit
  • Fokussiertheit und Zielorientierung
  • Sehr leistungsfähig, deshalb leider auch burnoutanfällig
  • Ignoriert Warnsignale lange

Der leistungsorientierte Workaholic braucht neben der Arbeit ein positives soziales Umfeld im Betrieb und zu Hause, das er leider häufig vernachlässigt. Hobbys, Sport und Mentaltraining können ihn dabei unterstützen, sich zu regenerieren.

Stresstyp 2: Der „sozialorientierte Beziehungsmensch“ und seine Eigenschaften

  • Typischer Durchhalter
  • Hohe soziale Kompetenz
  • Unterstützt Mitarbeiter und Kollegen dabei, gute Leistungen zu erzielen
  • Stellt eigene Bedürfnisse hintenan
  • Ausgeprägtes Harmoniebedürfnis
  • Angst vor Konflikten, weil diese zu Ablehnung führen könnten
  • Entschuldigt Fehler anderer, anstatt sie anzusprechen
  • Sucht spät Hilfe auf, weil er glaubt, Situationen ertragen zu müssen

Diese Stresstypen müssen ihren gesunden Egoismus stärken, eigene Bedürfnisse besser wahrnehmen und Konfliktmanagement trainieren, um im Alltag Ziele besser durchsetzen zu können.

Stresstyp 3: Der „werteorientierte Perfektionist“ und seine Eigenschaften

  • Verlässlichkeit und Pflichtbewusstsein
  • Guter Organisator, um Fehler zu vermeiden
  • Begegnet Veränderungen mit Widerstand oder Skepsis
  • Nicht der persönliche Erfolg steht im Mittelpunkt, sondern vor allem der unternehmerische
  • Verzicht auf Pausen
  • Innere Anspannung zeigt sich oft in Verspannungen, Spannungskopfschmerz, Nackenschmerzen und Rückenproblemen.

Als Experte wird dieser Typ geschätzt, aber auf der persönlichen Ebene wird er als distanziert wahrgenommen. Da die Arbeit sein Leben stark bestimmt, muss dieser Stresstyp delegieren lernen, sich Pausen gönnen und oft auch ein Leben neben der Arbeit aufbauen

Stresstyp 4: Der „freiheitsliebende Lebenskünstler“ und seine Eigenschaften

  • Liebt Abenteuer und neue Herausforderungen
  • Fühlt sich in Change-Management-Prozessen wohl
  • Ist kreativ und flexibel im Arbeitsalltag
  • Routinetätigkeiten langweilen ihn rasch
  • Besitzt eine hohe Selbst- und Fremdmotivation
  • Ist nicht stressresistent, weil er eher flüchtet und Schwierigkeiten vermeidet
  • Ist oft chaotisch und stresst damit seine Umwelt

Menschen dieses Typs brauchen oft als Unterstützung Time-Management-Seminare, um mit Selbstdisziplin erfolgreicher handeln zu können.

Zukunftsfit werden in drei Schritten

Für alle Stresstypen gilt: Prävention ist wichtig, um in Zukunft das Risiko eines Burn-outs zu verhindern. Damit du in Zukunft deine Lebensfreude erhalten und der Stressfalle entgehen kannst, solltest du diese drei Schritte befolgen:

Jeder der Stressypen kann Gefahr laufen, in die Stressfalle zu geraten. Entwickle dein persönliches Frühwarnsystem, damit du Warnsignale auch rechtzeitig wahrnehmen kannst.

Viel zu oft ignorieren wir unser Bedürfnis nach Regeneration – aber diese ist wichtig, damit die Reserven wieder aufgeladen werden können. Halte deine Pausen ein, entwickle dazu Tagesrituale oder kurze Regenerationstechniken, dann hat Stress keine Chance.

Der leistungsorientierte Workaholic sollte seine soziale Kompetenz stärken, der Beziehungsmensch mehr auf seine Bedürfnisse und Ziele schauen, der Perfektionist ein Leben neben der Arbeit aufbauen und der Lebenskünstler mit mehr Selbstdisziplin seinen Alltag gestalten.

Dr. Brigitte Bösenkopf

Dr. Brigitte Bösenkopf ist Psychologin, Autorin, Journalistin und Wirtschaftstrainerin. Als Mitbegründerin eines Stresscenters in Wien arbeitete sie über 20 Jahre mit Burn-out-Patienten und konnte so wertvolle Einblicke gewinnen, wie man das Ausgebranntsein hinter sich lässt und den Weg zurück in ein gesundes, erfülltes Leben findet. Neben ihrer Tätigkeit im Stresscenter hat sie ihr Wissen kompakt und leicht verständlich in ihrem Buch „Meister deines Lebens“ aufbereitet.

Brigitte Bösenkopf analysiert die vier Stresstypen

Minimalistisch leben – 10 Fragen an Verena Schürmann

verena schürmann-minimalistisch leben

Minimalistisch leben: Seit acht Jahren führen Verena Schürmann und ihre Familie ein Leben, das sehr minimalistisch und nachhaltig ausgerichtet ist. Auf ihren Kanälen und in diesem Interview inspiriert sie mit Einblicken in ihre minimalistische Lebensweise und macht Mut, das eigene Leben zu vereinfachen. Viel Freude beim Lesen und herzlichen Dank für deine Zeit und Gedanken, liebe Verena.

Übersicht

Liebe Verena, stell dich in drei Sätzen vor: Wer bist du, was machst du und was treibt dich an?

Hallo zusammen! Mein Name ist Verena Schürmann (41), ich bin Buchautorin, YouTuberin und Content Creatorin. Seit acht Jahren ist der Minimalismus Teil unseres Lebens als Familie und hat so einiges für uns zum Positiven verändert. Die Leichtigkeit des minimalistischen Lebens möchte ich an andere Menschen weitergeben und dabei gleichzeitig mit Klischees aufräumen.

Persönliche Definition von Minimalismus

Auf Instagram schreibst du „Minimalismus ist mehr als nur Ausmisten!“
Was ist Minimalismus für dich?

Minimalismus bedeutet für mich nicht nur Ausmisten, weil einfach so viel mehr dahinter steckt. Es ist die Reduzierung auf das Wesentliche, bewusster Konsum, Zeit für die wirklich wichtigen Dinge im Leben wie Familie, Freunde und Hobbys, Achtsamkeit mit sich, der Natur und Umwelt. Was macht mich glücklich? Was brauche ich zum Leben?

Minimalistisch leben: Vorteile

Was ist deine Motivation für eine minimalistische Lebensweise und was gibt dir diese zurück?

Meine Motivation ist, dass ich mich um weniger Dinge kümmern muss, mehr Zeit, mehr Geld, mehr Platz, weniger Ablenkung und mehr innere Ruhe dadurch gewinne. Was soll ich sagen, ich wurde vom minimalistischen Leben nicht enttäuscht! Gerade den Faktor Zeit haben wir als Familie sehr stark zu spüren bekommen, bereits nachdem anfangs nur der Keller leer war. Wir konnten es selbst erst nicht glauben, wieviel Zeit doch ungenutzter Kram in Anspruch nimmt.

 

Was darf bleiben?

Gibt es materielle Dinge, die du nicht aussortieren würdest, und wenn ja, warum nicht?

Eigentlich nicht. Materielle Dinge bedeuten mir nicht mehr so viel wie früher. Natürlich mag ich gewisse Sachen, eigentlich alles von dem was wir noch haben. Schließlich trägt es für mich zum Wohlbefinden bei, Dinge um sich zu haben die man gerne mag. Alles andere kommt uns nicht mehr ins Haus oder wurde aussortiert. Man muss sich nicht mit Plan B zufrieden geben, habe ich gelernt. Plan A dauert nur manchmal etwas länger oder erledigt sich irgendwann von selbst. Was ich mitnehmen würde, wenn es brennt, wäre ein Ring meiner verstorbenen Mutter, ein besonderes Erbstück.

Minimalistisch Leben: Der Einstieg

Wo und wie fängt man am besten an, wenn einen der Überfluss, die vollen Schubladen oder die Kisten im Keller überfordern?

Erstmal nicht zu viel vornehmen! Druck und Stress sind da ganz fehl am Platz beim Aussortieren. Wenn die Motivation und genügend Zeit vorhanden sind, dann einfach anfangen! Am besten mit einem kleinen Bereich wie einer Schublade, wo keine emotionalen Dinge lagern. Manchen Menschen fällt auch das Ausmisten im Kleiderschrank leicht, jemand anderem vielleicht eher die Kosmetik. Wenn die Motivation fehlt, nach Gleichgesinnten suchen. Auf Social Media gibt zum Beispiel oft Ausmist-Challenges, bei denen man kostenlos mitmachen und sich austauschen kann.

Der gute Beitrag eines minimalistischen Lebens

Minimalismus, bewusster Konsum und Nachhaltigkeit hängen untrennbar zusammen – was können wir tun, um durch das eigene Handeln einen Beitrag für eine gute Gesellschaft zu leisten?

Der wichtigste Punkt ist wohl, dass man sich vor jedem neuen Kauf die Frage stellt: Brauche ich das WIRKLICH? In den meisten Fällen finden wir die Sachen einfach nur schön, wollen uns vielleicht an einem schlechten Tag damit trösten oder glauben an ein Schnäppchen. Weniger Konsum bedeutet, weniger Ressourcen zu verbrauchen, somit die Umwelt weniger zu belasten durch Rohstoffab- und Anbau, Verarbeitung, Herstellung, Lagerung und Versand der Produkte.
Niemand ist perfekt und es gibt keine perfekte nachhaltige Lebensweise. Aber wenn nur jeder von uns kleine Schritte im eigenen Tempo in die richtige Richtung geht, können wir zusammen viel erreichen! Das fängt mit dem eigenen Einkaufsbeutel an, weniger Plastikkonsum, weniger unnötige Dinge kaufen, mehr mit dem Rad fahren oder auf Secondhand zurückgreifen. 

 

Minimalistisch leben mit Routinen

Gute Gewohnheiten sind der Schlüssel, um unsere Wünsche und Ziele zu realisieren.
Gibt es eine Routine, die du täglich praktizierst, um die innere und äußere Klarheit zu bewahren?

Auf jeden Fall mein Tee am Morgen, am liebsten im Garten, für den ich mir viel Zeit nehme um entspannt in den Tag zu starten. Danach geht es mit äußerem Aufräumen weiter wie Staubsaugen und Wäsche waschen, bevor ich mich an die Arbeit setze. Mittags mache ich eigentlich immer eine kleine Meditation, um auch im Inneren aufzuräumen. Sport gehört für mich auf jeden Fall dazu, um abzuschalten und neue Energie zu tanken. Die Spaziergänge mit unserer Hündin sind ebenfalls kleine Auszeiten im Alltag, die ich sehr bewusst genieße.

Inspirationsquelle

Ein gutes Buch, ein spannender Podcast, ein bleibendes Zitat, ein Lieblingslied – es gibt viele Inspirationsquellen.
Was inspiriert dich und wie bewahrst du es auf?

Meine Inspirationen bewahre ich nicht zu Hause auf, sondern in der örtlichen Bücherei. Bücher können so viel bewirken, zum Nachdenken anregen und die Augen öffnen für Sachen, denen man sich vielleicht vorher nicht bewusst war. Man lernt immer wieder dazu und die Inspirationsquellen in Büchern sind einfach unerschöpflich.

Minimalistisch leben: Tipps

Deine besten Tipps für ein minimalistisches Leben:

Einfach anfangen! Es gibt kein richtig und kein falsch, keine Regeln oder strenge Kriterien, um minimalistischer zu leben. Viele Menschen scheuen sich, genau wie beim Thema Nachhaltigkeit, einfach anzufangen. Jedes ausgemistete Teil verschafft mehr Platz, mehr Zeit und mehr Übersicht. Jedes Teil, was nicht gekauft wird, spart Ressourcen und Geld. Also, fangt einfach an! Überlegt euch bei jedem Kauf, ob ihr es wirklich bracht. Mistet heute die erste Schublade aus, für mehr Übersicht und Klarheit, auch im Kopf. Hört auf euer Bauchgefühl und geht in eurem Tempo, dann steht einem minimalistischerem Leben nichts mehr im Weg.

Gutes Netzwerk

Liebe Verena, vielen herzlichen Dank für deine Zeit und dass du deine Gedanken mit uns teilst.
Wenn meine Leser*innen mehr von dir und deinem Tun erfahren möchten, wo finden sie dich?

Sehr gerne liebe Johanna und vielen Dank für die tollen Fragen, es hat viel Spaß gemacht!
Ihr findet mich bei Instagram und YouTube unter: minimalistic.verena 
Dort ist auch mein Buch „Man nennt uns Minimalisten“ über meinen ganz persönlichen Weg zum Minimalismus verlinkt.
Schaut gerne mal vorbei, ich freue mich auf euch!

 

Verena Schürmann

Verena Schürmann ist 41 Jahre alt, Buchautorin und  inspiriert auf ihren Kanälen mit Einblicken in ihr minimalistisches Leben, räumt mit Minimalismus Klischees auf, erzählt ihre persönliche Geschichte, gibt Tipps und macht Mut, das eigene Leben zu vereinfachen. Bereits vor acht Jahren sind der Minimalismus und das Thema Nachhaltigkeit in ihr Familienleben eingezogen und haben so einiges verändert.

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Achtsamkeit als Schlüssel zum Glück

Achtsamkeit als Schlüssel zum Glück

Achtsamkeit als Schlüssel zum Glück: Die Sehnsucht nach Glück ist tief in uns allen verankert. Auf diese Sehnsucht gibt es wohl so viele Antworten wie es Menschen gibt. Denn Glück ist etwas ganz Persönliches und Individuelles.
Oft versteckt es sich mitten im Alltag und kommt zum Vorschein, wenn wir den Vorhang mal zur Seite ziehen. Und wenn wir dem Leben mit offenen Augen und offenem Herzen begegnen, dann kann es allgegenwärtig sein.
Ein Schlüssel, mit dem wir diese alltäglichen Momente ganz bewusst erkennen und wertschätzen können, ist die Achtsamkeit. Sie ist eine Haltung, mit der wir die Gegenwart mit allen Sinnen erleben.

Ein Artikel aus dem Magazin „SYLT – die schönsten Seiten der Insel“ 21/22

Wir alle können achtsam sein

„Das Schöne ist, dass wir die Achtsamkeit überall mit hinnehmen können. Sie ist ja etwas uns Ureigenes, das können wir oft bei Kindern beobachten. Es bedarf keiner Anstrengung und keinem zusätzlichen Zeitaufwand: Achtsam sein können wir überall. Wir müssen uns nur daran erinnern. Dieses Erinnern ist die eigentliche Übung“, sagt die Autorin und Gesundheitstrainerin Johanna Katzera, die auf Sylt Seminare und Tagesworkshops rund um die Thematik „Achtsamkeit und positive Lebensgestaltung“ anbietet.

Der Schlüssel zum Glück liegt in unserer Hand

In ihren Angeboten geht es um einen Weg zu mehr Zufriedenheit und Lebensfreude und um die persönlichen Gestaltungsmöglichkeiten im eigenen Leben. Denn wie zufrieden wir sind, haben wir zum großen Teil selbst in der Hand.

Sylt ist für eine Auszeit mit Neuausrichtung genau der richtige Ort: Der Abstand zum Alltag, der Wind, der alles Verbrauchte aus den Gedanken fegt, die unfassbar schöne Natur und ihre gewaltige Kraft – all das wirft den Menschen auf sich selbst zurück. Darin liegt eine große Chance zu Veränderung und Entwicklung.

Natur erleben - ein Schlüssel zum Glück

Impulse für eine bessere Welt in uns und um uns herum

Bevor Johanna Katzera nach Sylt zog, war sie viel unterwegs. Weniger, um zu verreisen, vielmehr, um in andere Lebenswelten einzutauchen. So verbrachte sie Zeit mit Menschen, die in der Gesellschaft kaum eine Stimme haben: Bei Familien in einfachsten Verhältnissen einer brasilianischen Kleinstadt, bei Kindern mit Behinderungen am Stadtrand von Lima, bei den Aborigines in Australien.
„Während dieser Zeit habe ich viel Armut gesehen. Und gespürt. Nicht selbst erlebt. Auch wenn diese Erfahrungen schon eine Weile hinter mir liegen, prägen die Eindrücke und das Verstehen globaler Zusammenhänge mich noch heute“, erzählt Johanna, die zwei Bücher über diese Erfahrungen veröffentlicht hat.

Schätzen, was wir haben – Schlüssel zum Glück

Spätestens während der Auslandsaufenthalte wurde ihr bewusst, dass wir viel mehr schätzen sollten, was wir haben. „Uns geht es gut. So gut, dass wir aufgrund der vielen Möglichkeiten in Stress geraten und aus den Augen verlieren, was im Leben wirklich wichtig ist“, sagt sie. So trägt ihr drittes Buch den Titel „Verlauf dich nicht – lebe einfach und bewusst“.

Mit ihrem Tun möchte sie Impulse für mehr Fokus auf das Wesentliche geben. Für die persönliche Zufriedenheit und im besten Fall für mehr Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit über das eigene Leben hinaus.

Das verborgene Glück des Alltags

Inzwischen verreist sie nur noch selten. Sie ist auf Sylt angekommen. Das Besondere im Alltag zu finden, ist nun ihre tägliche Reise. Und gerne nimmt sie andere dabei ein Stück mit.

Achtsamkeit als Schlüssel zum Glück

Dass sie Menschen für einen bewussten Lebensstil begeistern möchte, wusste die gebürtige Nordhessin schon als 15-Jährige. Während man heute fast überall darauf stößt, kannte damals kaum jemand den Begriff der Achtsamkeit.

Achtsamkeit als Schlüssel zum Glück

„Achtsamkeit bedeutet, mit allen Sinnen ganz wertfrei im Hier und Jetzt zu sein und anzunehmen, was ist. Es geht darum, die eigene Aufmerksamkeit bewusst zu lenken. Also auch zu bemerken, wenn sie abdriftet, und sie dann wieder in den gegenwärtigen Augenblick zurückzuholen. Im Alltag sind wir sehr oft im sogenannten Autopilotmodus unterwegs: Wir hangeln uns mit unseren Gewohnheiten von einer zu nächsten Tätigkeit und sind dabei in Gedanken oft ganz woanders. So verpassen wir auch so manchen besonderen Moment und das Leben zieht gefühlt sehr schnell an uns vorbei. Wer sich achtsame Momente erschafft, der lebt bewusster“, erklärt die 35-Jährige.

Achtsam zu sein ist also letztlich die Voraussetzung dafür, um die kleinen Alltagsfreuden wahrzunehmen und somit ein Schlüssel zum Glück.

Glück können wir lernen

„Indem wir unseren Fokus ganz bewusst auf das Gute in unserem Leben lenken, gewinnt es einerseits an Bedeutung, anderseits fällt es uns mit diesem verändert ausgerichteten Fokus immer leichter, die positiven Elemente zu entdecken. Das beruht auf der Fähigkeit des Gehirns, sich entsprechend der Nutzung umzustrukturieren. Diese sogenannte Neuroplastizität kann man als Trainingseffekt des Gehirns verstehen. Wer ein Dankbarkeitstagesbuch führt oder abends den Tag in Gedanken noch einmal durchläuft und sich das Gute vor Augen führt, der trainiert seine Fähigkeit, Glück zu erkennen und als solches zu schätzen. Wenn man das Glück im gegenwärtigen Augenblick direkt erkennt, dann ist man sehr achtsam. Diese veränderte Haltung trägt enorm zu unserer mentalen Gesundheit und zur Lebensfreude bei“, betont die Gesundheitstrainerin

Zitate Achtsamkeit Johanna Katzera

Bewusst wahrnehmen

Das können ganz kleine Augenblicke sein, aber auch große Begebenheiten, die wir manchmal als gegeben hinnehmen. In jedem Fall sind es die kleinen, regelmäßig ausgeführten Handlungen, die den Unterschied bewirken.
Zurück im Alltag bemerken das auch die Teilnehmer*innen: Bestimmte Gewohnheiten ändern sich vor dem Hintergrund einer wacheren inneren Stimme in die beabsichtigte Richtung und der Prozess zu einem bewussteren Leben vertieft sich.

Digitale Medien und ständige Erreichbarkeit – Herausforderungen für unser Glück

Dass unser Wohlstand ein Privileg ist, aber Überfluss uns nicht guttut, wurde der Insulanerin schon früh klar. Und auch, dass man das Wesentliche aufgrund des Zuviels leichter aus den Augen verlieren kann. Da hilft es, die Geschwindigkeit des Alltags zu reduzieren, mal einen Schritt zur Seite zu treten und sich bewusst zu machen, dass unsere Zeit begrenzt ist und wir – genauso, wie wir mit nichts kommen – eines Tages auch wieder mit nichts gehen werden.

„Zeit und Aufmerksamkeit sind unsere wertvollsten Güter, mit denen wir sehr sorgsam umgehen sollten. Doch in unserer reiz-vollen Welt werden diese häufig von den digitalen Medien eingefangen, ohne dass wir uns darüber bewusst sind. Sie holen uns immer wieder aus dem Hier und Jetzt in die verlockende virtuelle Welt“, sagt Johanna, die auch an Schulen Jugendliche für einen verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Medien sensibilisiert.

Den Schlüssel zum Glück finden wir nur in der analogen Welt

„Natürlich bieten Smartphone & Co zahlreiche Möglichkeiten, doch das Leben und das Glück finden analog statt. Es geht um eine gesunde Balance von analog und digital. Darum, bewusst abzuschalten und echte Pausen – also ohne irgendein Display – zu machen. Wenn wir jede vermeintliche Lücke mit dem Smartphone füllen, kommt unser Geist nicht zur Ruhe. Doch das Gehirn braucht den Leerlauf zum Sortieren, Verarbeiten und Verknüpfen. Nur wenn wir uns regelmäßig Phasen der Entspannung schenken, können wir uns erholen, Kraft tanken und auch wieder Leistung erbringen“, erklärt sie weiter.

Achtsamkeit auf Sylt: Ein Weg zu mehr Bewusstsein und Zufriedenheit

Stress und digitale Medien sind wohl die größten Gegenspieler einer achtsamen Haltung – und in unserer schnellen Welt allgegenwärtig. Da muss man gut auf sich aufpassen. „Manchmal sind wir gestresst oder unzufrieden und wissen gar nicht genau warum. Zudem sind wir uns dem Gefühl der eigenen Ohnmacht oft nicht bewusst. Wenn wir dann schauen, wo wir stehen und wo wir hinwollen sowie Verantwortung für unser Leben und unsere Entscheidungen übernehmen, tut sich oft ein neuer Weg auf, auf dem wir unsere Lebensbereiche in Balance bringen können. Diese Entwicklung anzustoßen, macht unglaublich viel Spaß,“ berichtet Johanna Katzera. Sowohl der Dozentin als auch den Teilnehmer*innen. Diese schätzen die neuen Perspektiven und Sichtweisen, die Denkanstöße für neue Wege durch ein verändertes Verhalten und die Momente innerer Ruhe auf der wunderschönen Insel.

In ihren Kursen vermittelt Johanna eine breite Themenpalette: Achtsamkeit, digitale Balance, Stressbewältigung, mentale Gesundheit sowie Ziele setzen und erreichen. Es geht darum, Hintergründe und Zusammenhänge zu verstehen und persönliche Strategien zu entwickeln. Denn genau wie das Glückserleben ist auch das Erleben von Stress sehr individuell.

Achtsamkeitsseminar auf Sylt

Das Glück in der Gegenwart entdecken und erleben

„Wenn meine Kursteilnehmer*innen mit geschlossenen Augen eine Muschel, ein Stück Treibholz oder einen Stein abtasten, tragen alle ein Lächeln im Gesicht. Wir können unser Glück also in die Hand nehmen – im doppelten Sinne. Dieser Augenblick, in dem wir Verantwortung für uns und unser Fühlen, Denken und Handeln übernehmen, ist unglaublich mächtig. Denn wir können immer entweder gestalten oder unsere Haltung verändern und unsere Zufriedenheit damit entscheidend selbst bestimmen“, erzählt sie mit einem Lächeln.

Mehr Sein, weniger Tun

Die Themen Achtsamkeit, Minimalismus, Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit und Wohlbefinden greifen für Johanna Katzera ineinander. Das ist wohl ihrem bisherigen Lebensweg zu verdanken. Fremde Kulturen und einfache Lebensweisen faszinieren sie noch immer. Doch inzwischen geht es ihr darum, das eigene Leben im komplexen Deutschland möglichst einfach zu gestalten. „Wenn wir schätzen, was wir haben, weniger Zeit am Smartphone verbringen und das Leben im Hier und Jetzt genießen, können wir das Glück im Alltag viel leichter entdecken. Es geht um das Prinzip: Mehr Sein, weniger Tun. Das Leben etwas langsamer leben und dafür klarer sehen“, stellt sie noch einmal heraus.

Denn das Glück liegt meist in den kleinen Dingen und ist oft ein leises Gefühl, das im Innen entsteht. Die Achtsamkeit hilft uns dabei, das Glück zu entdecken und zu erleben. Sie ist ein Schlüssel zu mehr Lebensqualität. Man kann es auch Zufriedenheit, Lebensfreude oder Glück nennen. Es fühlt sich auf jeden Fall gut an.

Mehrtägiges Achtsamkeitsseminar inklusive Inselwanderungen, Achtsamkeitsmeditationen, Yoga und Impulsvorträgen. Unterbringung in ausgesuchten Unterkünften von minimalistisch über traditionell friesisch bis hin zu exklusiv.

Digital Detox im Urlaub

Digital Detox im Urlaub

Digital Detox im Urlaub: In einer schnellen Welt voller Termine, Fristen und Möglichkeiten wächst die Sehnsucht nach Ruhe, Langsamkeit und Besinnung auf das Wesentliche. Offline gehen, das Hier und Jetzt genießen und auftanken – in einer digitalisierten Welt wird das scheinbar immer seltener. Und selbst im Urlaub fällt das Abschalten schwer.

Hintergründe über die Anziehung digitaler Medien, Strategien zum Umgang mit digitalem Stress und Ideen für eine sinnvolle, gesunde und achtsame Nutzung findest du auch in meinem Buch „Achtsam oder abgelenkt?“

Bücher zum Nachdenken - Achtsam oder abgelenkt?

Ab in den Urlaub und auf zum nächsten WLAN-Netz

Endlich Urlaub – wäre da nicht das Büro in der Hosentasche, das die Urlauber zurück in den Alltag ruft. Das Smartphone blinkt und vibriert und reißt uns ungefragt aus Gesprächen, Sonnenuntergängen oder Rotweingläsern.
Die Welt hinter den Displays ist rücksichtslos entgrenzend und verführerisch verlockend zugleich – und wir sind immer on.
Herausfordernd.
Denn Abschalten geht so nicht.
Und Auftanken auch nicht.

Digital Detox im Urlaub: „Ich bin dann mal weg …“

Geht das noch? Oder: Geht’s noch?
„Wie ist das WLAN-Passwort?“, lautet oft die erste Frage der angereisten Gäste. Bleibt die Verbindung in den kommenden Urlaubstagen für kurze Zeit weg, bricht fast Panik aus.

Es ist scheinbar schwierig für uns geworden, der restlichen Welt für wenige Stunden oder Tage mal abhanden zu kommen und zugleich ohne Zugriff auf andere Realitäten zu sein. Das erschwert es, ganz im Augenblick zu sein. Diesen zu erleben, ohne ihn festhalten oder virtuell teilen zu wollen.

Doch wenn wir das Smartphone ständig zwischen die Welt und unsere Augen halten und uns vor Augen halten, dass wir jederzeit aus der Gegenwart gerissen werden könnten, stellen wir fest, wie selten wir uns vollkommen auf das Hier und Jetzt einlassen.

Von FOMO zu JOMO

JOMO, Joy of Missing Out, nennt sich die Gegenbewegung zu FOMO, Fear of Missing Out, der Angst, etwas zu verpassen.
Das Smartphone lässt uns jederzeit in verschiedene Realitäten eintauchen, während sich unsere analoge Wirklichkeit in ein paar Pixel auflöst. Aufgrund der Angst, etwas zu verpassen, sind wir überall und nirgends. Wir bekommen scheinbar alles mit und verpassen doch das Wertvollste: Den gegenwärtigen Augenblick. Wenn das passiert, bleiben wir unbefriedigt zurück.

Es ist ein subtiles Gefühl, das nach mehr fordert, weil das Erlebte an uns vorbeirauscht und nicht in uns hinein sickert und uns von innen belebt.
Echtes Glück entsteht aus Präsenz. Echtes Glück sind Momente, die wir achtsam gesammelt haben. Dieses Glück kann man nicht greifen und daher nimmt man es auch nicht im Urlaubsgepäck mit nach Hause, sondern in sich selbst.

Urlaub heißt Pause machen – auch von der Erreichbarkeit

Mit ständiger Erreichbarkeit und dem selbst gewählten Griff zum Smartphone erschöpfen wir über kurz oder lang unsere Ressourcen.
Wir brauchen Pausen – und zwar echte Pausen.
Zeiten, in denen wir unser Gehirn nicht weiterhin mit Reizen befeuern, sondern es gewissermaßen im Leerlauf rollen lassen. Wir können nur produktiv und kreativ sein, wenn wir auch mal nichts tun. Wenn wir mal nicht erreichbar sind und uns nicht ablenken sondern von außen ins Innen kommen – also bei uns selbst ankommen und dort auch eine Zeitlang bleiben.

Digital Detox Urlaub – einfach abschalten

Smartphone aus und dem Alltag den Rücken kehren. Einfach stehen. Einfach gehen. Und auf sich selbst schauen. Mit allen Sinnen wahrnehmen. Die Gedanken beobachten und ruhiger werden lassen. Bei sich ankommen. Das entschleunigt.
Wer so Urlaub macht und die Unerreichbarkeit neu schätzen lernt, vertieft den Erholungsfaktor um ein Vielfaches. Dafür braucht man nicht viel. Im Gegenteil: Weniger ist mehr.

Digital Detox Urlaub ist wahrer Luxus

Um wirklich abschalten zu können, sollten wir es wörtlich nehmen: Wir müssen abschalten.
Erst mit einer neuen digitalen Balance erschaffen wir uns Inseln der Ruhe, die wir gerade wegen der ständigen Erreichbarkeit, der Entgrenzung und der geforderten Flexibilität unbedingt brauchen.
Immer wieder im Alltag. Und im Urlaub erst recht.
Diese leisen Momente, in denen wir ganz im Hier und Jetzt und für den Rest der Welt unerreichbar sind, sind ein neuer Luxus geworden.
Wenn wir alle Stecker ziehen, laden wir unseren eigenen Akku wieder auf.
Viel Spaß beim Abschalten.

Digital Detox Urlaub: Das Thema digitale Balance ist Bestandteil meines Achtsamkeitskurses auf Sylt. Du erfährst Hintergründe zum digitalen Nutzungsverhalten, verstehst das Phänomen der Anziehung moderner Medien und erhältst wertvolle Impulse für eine neue Balance von analog und digital.
Das Seminar ist eine Einladung, die modernen Medien weniger zu nutzen als im Alltag und diese zu selbstgewählten Zeitpunkten einzuschalten. Wie oft und wann das geschieht, ist liegt in der Verantwortung der Teilnehmenden.

Potosí und der reiche Silberhügel – die Narben unserer Welt

Slberhügel von Potosí

Potosí: Mit 170.000 Einwohnern auf über viertausend Höhenmetern gelegen, ist Potosí die höchstgelegene Großstadt der Welt. Sie ist bekannt für ihren Cerro Rico, ihren reichen Silberhügel. Ebenso reich wie an Silber, ist er an Menschen, die in ihm ihr Leben verloren haben. Noch heute schürfen die Bergmänner unter unmenschlichen Bedingungen unter der Erde, aber viertausend Meter über dem Meeresspiegel,­ nach Zinn, Kupfer, Blei und den letzten Silberresten.

Dieser Artikel ist ein Text aus meinem Buch Zwischen den Zeilen reisen – eine südamerikanische Reiseerzählung mit Impulsen für ein einfaches, nachhaltiges und gerechtes Miteinander in einer globalen Welt.

Übersicht

03. Juni 2010

Tour in die Minen von Potosí

Potosí

Minenmarkt von Potosí

Pflichtgemäß halten Ana, mein Guide und ich, am Mercado de los Mineros, dem Minenmarkt, wo wir einige Mitbringsel für die Bergleute und die Bestandteile für das Minenritual erwerben: Coca-Blätter, filterlose Zigaretten, 96-prozentiger Alkohol, und da man hier legal Sprengstoff beschaffen kann, kaufen wir auch Dynamitstangen und Zündschnüre.

Potosí - Minenmarkt

An der Mine angekommen, rüstet mich Ana mit Gummistiefeln,­ Gummihose und einer Jacke aus. Eine zweite schützende Haut, die für die Bilder, Worte und Emotionen der kommenden Stunden viel zu undicht ist. Sie setzt mir einen Helm auf und befestigt eine Lampe daran. Auf den ersten Blick sehe ich nun aus wie einer der Mineros – auf den zweiten Blick so gar nicht!

Potosí

Die Geschichte der Mine von Potosí

Wie alles begann

Nur vereinzelte Geräusche der Stadt erreichen die an einen Friedhof erinnernde Stille, die hier oben bedrückend die Stimmung beherrscht, als Ana zu erzählen beginnt: »Es war einmal der indianische Hirte Huallpa …«, beginnt sie, als sei alles, was nun folgt, nur ein erfundenes Märchen. Dabei wird sie mir eine der grausamsten Geschichten unserer Geschichte erzählen. »Dieser ließ im Jahr 1544 seine Lama-Herde auf dem unbewohnten Altiplano weiden. Als er am Abend bemerkte, dass eines seiner Tiere fehlte, beschloss er ein Feuer zu entzünden und in der Einöde, unter der bald das heutige Potosí entstehen würde, zu schlafen. Am nächsten Morgen war seine Herde noch immer nicht vollzählig, doch funkelte und glitzerte der Ort seiner Feuerstelle und silberne Tränen liefen den Berg hinunter«. Es ist nur eine von vielen Theorien über die Entdeckung der Silbermine, doch diese hält sich am beharrlichsten.­

Kaiserstadt Potosí

Kurze Zeit später befahlen die Spanier die Indios in den reichen Berg und beuteten diese in gleicher Weise aus wie den Cerro, unter dem sie am 10. April 1545 nur wenige Höhenmeter tiefer die Stadt Potosí gründeten. Nur acht Jahre nach der Gründung wurde Potosí zur Kaiserstadt ernannt, deren Wappen die Worte Ich bin das reiche Potosí, Schatzkammer der Welt, König der Berge, den Königen diene ich zum Neid zierten. Unterdrückung, Sklaverei und Massenmord standen Prunksucht, Gier und Ausbeutung gegenüber. Der Luxus der Einen, waren die Qual, die Folter und schließlich der Tod der Anderen.

Reichtum und Wachstum

Potosí war plötzlich reich, Potosí war groß und wurde stets reicher und hörte auch nicht auf zu wachsen. Eine immer größere Menschenmasse nahm die widrigen Bedingungen des Hochlandes ­bereitwillig auf sich und bewohnte die Stadt mit den vergoldeten Kirchen und den zahlreichen Lokalen. Sogar das Straßenpflaster­ bestand bald schon aus Silber. Nur einhundert Jahre nach der Stadtgründung zählte Potosí mit etwa 150.000 Einwohnern zu den größten und reichsten Städten der damaligen Welt.

Das Massengrab von Potosí

In einem Umkreis von über einhundert Kilometern suchten die Konquistadoren nach indigenen Arbeitskräften und entrissen die Männer ihrer Heimat. Der reiche Berg sollte für kurze Zeit ihr Zuhause werden. Einmal in der Dunkelheit gelandet, war es für die meisten das letzte Mal, dass sie frei und Mensch sein durften. Nur mit Coca-Blättern, Wasser und Sprengstoff ausgestattet, begannen sie ihre Arbeit, die fast immer der Tod beendete. Unaufhörlich sandten die Spanier die Indios in die immer tiefer führenden Stollen. Hinein in einen Zustand der Erschöpfung, in die Hölle auf Erden. Namenlos durch andere ersetzt, entstand binnen weniger Jahre ein gigantisches, anonymes Massengrab.

Angst und Ausweglosigkeit

Ana erzählt, dass Mütter ihre neugeborenen Söhne töteten und Männer sich als Frauen verkleideten, um dem von den Spaniern auferlegten Schicksal zu entkommen. Doch sie entdeckten jeden. So lange, bis in der weiten Umgebung kein Mann indigener Abstammung mehr auffindbar war und afrikanische Sklaven die unmenschliche Arbeit verrichten sollten. Doch diese erlagen der sauerstoffarmen Höhenluft.

Graf Lemos, der Vizekönig von Peru, schrieb im Jahr 1699: Nach Spanien wird nicht Silber, sondern Indianerblut und Indianerschweiß verschifft und der spanische Minenbesitzer Luis Capoche sagte: »Der arme Indio ist eine Währung, mit der man alles bekommt, was man braucht, wie mit Gold und Silber, nur viel besser«.

Mir wird schlecht

Nach Eduardo Galeano, einem uruguayischen Schriftsteller, sollen bis in das 18. Jahrhundert etwa acht Millionen Menschen ihr Leben in der Mine gelassen haben. Um diese abstrakte Zahl zu veranschaulichen, nutzt Ana eine Metapher: »Einer Legende zufolge können zwischen Potosí und Spanien zwei Brücken errichtet werden: Eine aus Silber bestehend, die andere aus den Knochen der krepierten Arbeiter«.

Dann schweigt sie und lässt mich mit dem Bild, das mein Kopf ganz unaufgefordert malt, allein. Ich versuche die Zahl zu schlucken, aber mein Körper will sie nicht verdauen. Irgendwo zwischen Kopf und Magen bleibt sie hängen und stellt sich quer. Mir ist schlecht. Ich will das Gehörte ausspucken, aber es hämmert sich in jede meiner Zellen ein.

Als der Silberstrom in Potosí versiegte

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts versiegte der Silberstrom und mit ihm die am Fuß des Cerros gelegene Stadt, die er nährte. Menschen und Prunksucht verschwanden ebenso schnell, wie sie einst auftauchten, die Blüte der Stadt verwelkte so rasch, wie sie erschien. Und als die Geschäfte nicht mehr rentabel waren, versank die Stadt in Armut. … und da sie nicht gestorben ist, ist Potosí heute eine arme Stadt in einem armen Land, die jedoch noch immer von ihrer Mine abhängt.

Meine Geschichte in der Mine

Vor dem sandfarbenen Berg sortieren kleine Kinder und alte Bolivianerinnen die Gesteinsreste, die die Mineros aus der Mine förderten. Wie die Figuren des Märchens selektieren sie nur die Guten ins Töpfchen. Gekonnte Handbewegungen strahlen Routine aus. Versunken in den Gesteinen bezeugen die verschiedenen Generationen den Kreislauf eines Lebens in Potosí: Alles dreht sich um die Mine. Und nach wie vor im Kreis.
Denn noch heute arbeiten mehr als zehntausend Bergleute in den Stollen und suchen nach den letzten Resten der Mineralien. Darunter sind etwa eintausend Kinder.
Viele Arbeiter steigen bereits im Kindesalter das erste Mal in die dunkle Tiefe, wo sie die Jugend überspringen und nur wenige Jahre erwachsen sind, bevor ihr Antlitz dem Gesicht eines Greisen gleicht. Es ist ein Leben im Zeitraffer.

Vor dem Cerro Rico

Indianische Riten und Missionarsabsichten

Auch wir gehen zu einem der Schächte, die den Beginn von mehr als tausend Stollen darstellen und den Berg durchziehen wie Adern den Körper. Niemand weiß genau, wie viele Tunnel existieren. Ana zeigt auf den Eingang der Mine und verweist auf die dunklen Spuren, die ihn rahmen: »Über viele Jahre hinweg versuchten die Spanier die Indios zu missionieren. Die Indios, die weder etwas vom Papst noch vom Teufel gehört hatten, lebten ihren eigenen Glauben. Noch heute opfern sie an einem Tag des Jahres Pachamama, ihrer Gottheit Mutter Erde, ein weißes Lama und schütten dessen Blut an die Häuser und die Eingänge der Mine. Dieser indianische Ritus soll Glück und Reichtum bringen«.

Mein Blick klettert die Holzleiter herab und verliert sich nach wenigen Sprossen im schwarzen Nichts. Ana dreht meine Stirnlampe an. Ein kleiner Kreis bringt viel zu wenig Licht ins Dunkel.

Abtauchen ins Stollensystem des Cerro Rico

Wir klettern zwanzig Sprossen nach unten. Hinunter in die Enge, in das Schwarz, in den Geruch von Giftstoffen und den nicht wahrnehmbaren und dennoch unverkennbaren Geruch von Tod. Innerlich und äußerlich taucht ein Gefühl von Beklemmung auf. Nur nicht darüber nachdenken, denke ich, während ich darüber nachdenke. Ich möchte zumindest für einige Stunden erleben, wie die hier arbeitenden Menschen einen Großteil ihrer Lebenszeit verbringen. Ich möchte hinschauen und in die Vergangenheit reisen, nicht kneifen, wo andere es nicht dürfen.
Weiter nach unten, wo die Luft dünner und das Dunkel noch schwärzer ist. Die Tunnel werden enger und schon nach wenigen Schritten undurchschaubar. Ich verliere die Orientierung, die ich nie hatte. Jedes Zurück würde schon jetzt zu viele Möglichkeiten bieten. Ich bin angewiesen auf Ana, wir beide auf unsere Lampen. Nur nicht darüber nachdenken, durchfährt es mich erneut, nur vertrauen – auch wenn das hier so ungemein schwer fällt.

Potosí: Wo der Teufel ein Freund ist

Mit jedem weiteren Schritt steigen die Temperaturen stetig bis auf fünfunddreißig Grad an. Die Hölle verwehrt der eisigen Kälte des Hochlandes den Zutritt. Hier herrscht Hitze. Ein Fegefeuer, das eine Teufelsfigur bewacht. Am Ende des Tunnels leuchtet meine Grubenlampe plötzlich in ihr Gesicht. Ich erschrecke!

Der tio von Potosí

Schutzpatron der Bergleute, der tio

Ana erzählt, dass die Spanier die Figur in die Mine stellten, damit diese die ungläubigen Indios einschüchtere, bei der Arbeit beobachte und im besten Fall vor dem nahenden Tod zum christlichen Glauben bekehre. Für die Mineros hingegen, die den Glauben der ­­Konquistadoren nicht kannten, war die Teufelsfigur von Anbeginn ein Schutzpatron, den sie noch heute als tio, Onkel, betiteln. Für sie ist er Freund und Mitstreiter, Vertrauter und Gehilfe, bei dem sie an jedem Freitag das Minenritual abhalten, damit er die Freundschaft pflegt und mit dem Finden von Venen und dem Überleben belohnt.

Minenritual von Potosí

In absoluter Finsternis thront der tio gespenstisch in einer kleinen Grotte. Nur die Lichtstrahlen unserer Lampen lassen ihn erleuchten: Vergilbte Luftschlangen bilden sein Haar, Coca-Blätter sein grünes Kleid. Rotleuchtende Augen erwidern Angst einflößend meinen Blick, die Nase ist vom Zigarettenqualm verkohlt. Konfetti, ­Zigarettenstummel, leere Schnapsflaschen und Bierdosen zieren den Boden und bestimmen den Geruch. Runzelige Luftballons baumeln im stickigen Raum. Wie aus der gesamten Mine, ist auch aus ihnen jede Luft gewichen – Sinnbild der Vergänglichkeit, du passt hier her …

Auch wir begrüßen den gehörnten Berggott und führen den Ritus durch, um wieder Tageslicht erblicken zu dürfen. Ein komisches Gefühl dies hier zu erbitten, aber ich möchte mich nicht mit dem Teufel anlegen und schon gar nicht an diesem Ort.

Der tio vpn Potosí

Wir kleiden ihn mit Coca-Blättern ein und gießen großzügig die 96-prozentige Flüssigkeit über seine Schultern, Hände, Knie und auf den Boden, denn wie immer erhält auch Pachamama ihren Anteil. Und weil die Bergmänner glauben, dass der tio und Pachamama in der Nacht neue Venen zeugen, begießen wir auch des Teufels bestes Stück, um so die Fruchtbarkeit zu wahren. Dann einen Schluck für uns. Pur soll man ihn trinken, damit die Mineralien ebenfalls rein sind. 96-prozentiger Zuckerrohrschnaps rennt und brennt meine Kehle hinunter – das ist der einzige Weg, den ich heute problemlos verfolgen kann. Zuletzt ziehen wir an der Zigarette, bevor Ana sie dem Teufel glimmend in den Mund steckt. Er darf zu Ende rauchen, während wir diesen seltsam anmutenden Ort verlassen und den Teufel wieder seiner Dunkelheit übergeben.

Das Labyrinth von Potosí

Wir gehen weiter dem Nichts folgend, immer weiter in es hinein. Stapfen durch knietiefes Wasser, krabbeln durch nicht einmal ein Meter hohe Gänge und müssen immer achtsam sein, nicht in einem der Löcher zu versinken. Das Geräusch unserer Schritte schallt die Stollen entlang, die längst noch nicht sichtbar sind. Wie die Äste eines Baumes verzweigen sie sich und haben alle eines gemeinsam: In ihnen durchleben die Mineros die Jahreszeiten der Gefühle. Stets von der Hoffnung auf eine reiche Ernte getrieben und getragen, verbringen sie oft mehr als zehn Stunden in den kilometerlangen Tunneln der Mine. Für mich ist sie ein lebendiges Ungeheuer.

Aus den unterschiedlichen Stockwerken ertönt mal aus der Nähe, mal aus der Ferne, mal lauter, mal leiser, das donnernde Rollen der gerölltransportierenden Wagen, fast, als würde der Magen des Monsters knurren. Unter primitiven Bedingungen, die sich in den vergangenen vierhundert Jahren kaum verändert haben, ­transportieren die Bergmänner den Abraum ganz ohne ­Maschinenantrieb über die Holzgleise zu den Schächten, wo sie ihn an die Erdoberfläche befördern.

Staublunge

Aufgrund der verschiedenen Mineralien leuchten die Wände in unterschiedlichen Farben und glitzern mit giftigen Tropfen. Staub, Asbest und toxische Dämpfe schweben im Kanalsystem der Mine und durchziehen mit jedem Atemzug das Bronchiensystem meiner Lunge. Der eigene Körper verschmilzt mit dem Körper der Mine. Nach nur einer Stunde fühlt er sich vergiftet an. Ohne Atemmaske sind die Arbeiter diesen toxischen Gasen ihr gesamtes Leben ausgesetzt. Die Staublunge ist die häufigste Todesursache. Sie beendet das Leben etwa zehn bis fünfzehn Jahre vor dem bolivianischen Durchschnitt.

Hoch, runter, links, rechts, vor, zurück, diagonal. Je weiter wir gehen, umso größer ist die Gefahr, sich und das eigene Leben in den Tunneln zu verlieren. Die Mine ist ein Labyrinth ohne Ausweg. Es gibt nur den Weg zurück – und wird dieser nicht gegangen, weint der Berg heimlich ein paar weitere seiner silbernen Tränen.

Mineros von Potosí

Wie Maulwürfe haben die Mineros den Berg in den vergangenen Jahrhunderten durchbohrt, durchsprengt, durchsucht, durchfunden – und verloren. Mittlerweile ist er derart ausgehöhlt, dass mich die Angst, die Mine könne in sich zusammen stürzen, unentwegt begleitet. Ihr Skelett ist osteoporös. Doch noch hält es. Hält aus und trägt, wie die Arbeiter aushalten und ertragen. Sie sind die ­Blutkörperchen des Ungeheuers: Rot und weiß und doch alle grau. Arbeiten ununterbrochen in seinen Gefäßen, befördern zu wenig Sauerstoff und tragen den Plaque ab.
Tag und Nacht.
Zehn Stunden am Stück – dann kommen andere.
Vierzig Jahre – dann kommen andere.
Fünfhundert Jahre – es werden immer andere kommen …
Dialyse der Mine.

Ihr eigenes Leben ist längst in den Hintergrund gerückt. Es dient dem Überleben ihres Wirts, dessen Kreislauf nicht kollabieren darf, während sie selbst allmählich sterben. Sie trinken, sie rauchen, sie konsumieren. Sie hämmern, sie sprengen und wenn sie Glück haben, finden sie. Wir finden sie.

Das Stollensystem der Mine

Ana beginnt ein Gespräch, und als die Bergmänner ihre Werkzeuge aus der Hand legen und fragen, woher ich komme, werden die Blutkörperchen zu Menschen, die sich doch von allen unterscheiden, die mir bisher begegneten. Wie eine eigene Spezies passten sie sich über Generationen der Mine an. Mit ihrer gekrümmten Haltung, der grauen Kleidung und dem grauen Helm tarnen sie sich vor den steinernen Wänden.

Kreislauf

Sie sind klein und gezeichnet, ihre Hände rau und verletzt. Ihre Mienen sind ein Abbild der Mine: Ausgehöhlt, grob und zerfallen. Müde Augen, die denen eines Hundertjährigen gleichen, blicken leblos in die Dunkelheit. Das Leben hat sie müde gemacht. »Ich arbeite hier schon seit der Kindheit. Ich musste meinem Vater helfen, wie er seinem Vater. Nur so konnte unsere Familie überleben. Das ist illegal, aber interessiert niemanden. Damals nicht und heute auch nicht.«, erzählt einer der Bergmänner.

Coca-Blätter

Seine Backentasche ist ausgebeult, mit Coca-Blättern gefüllt. Er trägt seinen Motor im Mund, der die knochenharte Arbeit überhaupt ermöglicht. Die Zähne und Lippen sind vom ständigen Konsum tiefgrün verfärbt. Die Hojas de Coca halten wach, steigern die Leistungs­fähigkeit, rauben das Gefühl von Hunger und machen die dünne Luft erträglicher. Sie sind das einzige, was die Mineros zu sich nehmen. Blatt für Blatt schieben sie in ihre Wange, vier Stunden lang, dann lässt die Wirkung nach. Die grüne Masse wird ausgespuckt, unmittelbar durch Neue ersetzt.
So, wie alles im Cerro eben schon immer war.

Minero von Potosí

Monotonie der Mine

Ohne Frust, aber auch ohne jede andere Emotion schildern die Bergmänner ihr Dasein: Sich in die Mine abseilen, Stunde um Stunde mit Hammer und Meißel Löcher in die steinernen Wände schlagen, Sprengstoff platzieren und die Zündschnur in Brand setzen. Dann bleiben vier bis fünf Minuten, um die Kollegen durch Schläge an die Wand zu warnen und sich in Sicherheit zu bringen, ehe die nächste Tonne Gestein laienhaft, aber gekonnt aus dem Berg gebombt, das Labyrinth erweitert, die Orientierung erschwert wird.

Glück hat, wer an der richtigen Stelle sprengt, Unglück, wer nichts findet. Wenn man nicht vorher stirbt, stirbt die Hoffnung zuletzt.
Es ist eine sich stets wiederholende Tätigkeit, ein Leben lang.
Monotonie der Mine.

Alltag unter Tage in Potosí

Es ist ein Alltag unter Tage, der weniger Tage zählt, als der anderer Menschen. Er zählt oft nur bis vierzig.
Es ist eine Gleichförmigkeit, die meist nur dann ein Licht am Ende des Tunnels kennt, wenn ein anderer Minero entgegenkommt.
Es ist ein dunkles Dasein in finsterer Einsamkeit.
Ein bedrückendes Leben, ein beengtes Leben.
Eines Tages mögen sie Silber finden …
… doch wann finden sie Glück?
Oder ist das dann Glück?

Unmenschliches Menschsein

In ihren Augen suche ich nach dem Ausdruck, der die Gefühle verrät, die ihre Worte nicht enthalten. Doch der Blick in ihre rot-geäderten Augen reicht nicht tiefer, als mein Blick in die Stollen vordringen kann: Die Mine spiegelt sich in ihren Augen. Ihre sie umfassende äußere Welt gleicht ihrer sie ausfüllenden inneren Welt. Die Welt hingegen, die sich außerhalb des Stollensystems vollzieht, ist ein ihnen fremdes Milieu. Sie versinken in der Tiefe, wenn die Sonne aufgeht, und tauchen auf, wenn die Sonne untergegangen ist. Wie Nachttiere in ihrer Höhle leben sie als sei die Hölle unter Tage ihr Zuhause. Im schnellen Tempo durchkriechen sie flink die Stollen, kennen jede Erhebung und jede Kurve, jedes Geräusch und jedes Gestein. Verspeist von dem Ungeheuer, das sie selbst nährt, unterernährt, sind die Mineros längst Teil der Mine und funktionieren­ in ihrem Rhythmus.

Menschlichkeit

Wo ist der Mensch in dem Menschen, der gerade vor mir steht?
In einem kleinen dankbaren Lächeln, als wir die mit Coca-Blättern gefüllte Tüte übergeben, erkenne ich ihn. Ich bin froh, doch verleiht dieser Moment dem Ganzen eine andere Dimension.
Unmenschliches Menschsein!

Weitere Infos auf:
Wikipedia
Deutschlandfunk

Aufstieg zu Machu Picchu: Geheimnisvoll und weltentrückt

Machu Picchu

Aufstieg Machu Picchu: Die beeindruckende Inka-Stadt liegt auf 2360 Metern auf einem schmalen Bergsattel zwischen den Gipfeln des Huayna Picchu und des namensgebenden Machu Picchu etwa vierhundert Meter über der Talsohle inmitten der Anden. 2010 habe ich die Kultstätte der Inka besucht.

Dieser Artikel ist ein Text aus meinem Buch Zwischen den Zeilen reisen – eine südamerikanische Reiseerzählung mit Impulsen für ein einfaches, nachhaltiges und gerechtes Miteinander in einer globalen Welt.

Übersicht

Aufstieg Machu Picchu

Laute, aufgeweckte Gespräche dringen durch die dünnen Zimmerwände und wecken mich um 3 Uhr morgens. Nur wenig später verlassen wir unsere Unterkunft und schleichen durch die dunklen Straßen, in denen andere Touristen durch das Leuchten der Taschenlampen ihre Anwesenheit verraten.
Sandiger Boden unter unseren Füßen, die Milchstraße über unseren Köpfen. Sie galt bei den Inka als Spiegelbild des heiligen Tals, durch das der Río Urubamba fließt. Sein kraftvolles Rauschen zieht uns zu sich und erfüllt jeden Winkel der gegenwärtigen Welt, als wir den Fluss überqueren. Auf der anderen Seite ist die Nacht wieder still. Aguas Calientes, die Servicestadt von Machu Picchu, liegt hinter uns und nur wenige Schritte später glaube ich nicht mehr an ihre Existenz.

Magische Welt und der Hiram-Bingham-Moment

Schwarze Nacht. Die Luft ist frisch und klar und der Himmel von einem gigantischen Sternenmeer überflutet. Im zarten Licht des Mondes tauchen allseits die markanten Silhouetten der steilen Berghänge auf, die von vereinzelten Schweifwolken berührt kraftvoll im unbewohnten Nichts schweigen.
Welch magische Welt …
Wir tauchen in den finsteren Wald ein und bewältigen den fast vertikalen Aufstieg über die unebenen, steinernen Treppenstufen, die die Inka einst errichteten.
Wir schreiten weiter, immer höher, immer steiler den Berg hinauf. Nach eineinhalb Stunden ist der Berg bezwungen. Als sich die Profile der ersten Inka-Gebäude­ vor dem mittlerweile farbenfrohen Himmel abzeichnen, fühle ich mich für einen kurzen Augenblick wie Hiram Bingham – dann sehe ich die Menschenmasse vor dem Eingangstor.
Vermutlich wollte jeder möglichst früh hier sein, um möglichst allein zu sein – früh sind wir alle, nur allein ist keiner.

Nach dem Aufstieg zu Machu Picchu: Stille und Zauber

Um sechs Uhr öffnet Machu Picchu seine Pforten und die Menschen verströmen sich in der alten Ruine, wie die Wassertropfen im Urubamba – sie alle sind da, aber sie alle gehen unter. Sie fügen sich dem großen Fluss und so ist es, als hätte ein jeder die alte Inka-Stätte in diesem Augenblick doch ganz für sich allein.
Grenzenlose Energie ist spürbar. Etwas Göttliches liegt in der Luft. Niemand kann erklären, warum die Inka diesen Ort für den Bau von Machu Picchu wählten – dieses Gefühl reicht, um zu verstehen.

Ungekannte Stille

Menschen dokumentieren ihre Videoaufnahme, Vogelzwitschern, Unterhaltungen auf Spanisch, Französisch, Hebräisch, Deutsch und Japanisch. Flussrauschen und Flussrauschen, das hinter hohen Felswänden verstummt. Die Geräusche werden von einer mächtigen Stille umhüllt und schließlich verschluckt, als verschließe diese sie in einem Vakuum der Töne. Die Welt schweigt in einem so reinen, überwältigenden Klang, für den selbst das geschriebene Wort zu laut scheint. Es ist eine Stille, die eine Legasthenie für Töne hat. Sie löscht alle Assoziationen für Laute aus dem Gedächtnis und schenkt die friedvollste Stille, die ich je vernommen habe.

Sonnenaufgang über Machu Picchu
Blick auf Huayna Picchu

Machu Picchu: Meisterwerk der Architektur

Etwa vierhundert Meter über der Talsohle, auf einem schmalen Bergsattel zwischen den Gipfeln des Huayna Picchus, des jungen Gipfels, und des namensgebenden Machu Picchus gelegen, ruht die beeindruckende Stadt auf 2360 Metern.
Sie gliedert sich in eine Ober- und in eine Unterstadt, die sich auf etwa eintausend Meter Länge und fünfhundert Meter Breite in vierzehn Sektoren gliedern. Ausschließlich auf Terrassen errichtet, konstruierten die Inka insgesamt mehr als zweihundert Gebäude, Paläste und Tempel. Die Anlage gilt jedoch nicht als vollendet. Trotzdem ist Stein in Stein alles verzahnt. Nichts fällt herunter.

Blick vom Huayna Picchu auf Machu Picchu

Steinkunst der Inka

Obwohl die Inka weder das Rad kannten noch über Zugtiere oder Eisenwerkzeug verfügten, schafften sie die enormen Granitblöcke­ aus den Steinbrüchen der Umgebung auf den Berg hinauf. Mithilfe von Tauen haben sie diese über weite Strecken gezogen. Millimetergenau­ bearbeitet, passen sie so perfekt ineinander, dass nicht einmal ein Haar dazwischen Platz fände.

Terrassenanlagen der Inka

Wasser: Ein heiliges Element

Die Stadtviertel sind zwar voneinander getrennt, aber durch Treppen und den Fluss des Wassers miteinander verbunden. Das Wasser war bei den Inka ein heiliges Element. Sie konstruierten Kanäle, die das aus den Bergen geleitete Wasser dreier Quellen auf sechzehn Brunnen verteilten. Jenes ausgetüftelte Bewässerungs­system funktioniert noch heute.

Terrassenanlagen

Den Bedarf an landwirtschaftlichen Erzeugnissen sicherten die Inka mithilfe der Terrassenanlagen, die sie mit der fruchtbaren Erde des Urubamba-Tals füllten. Auf kleinstem Raum erzeugten sie Ackerland in der Größe mehrerer Fußballfelder.
Weltentrückt, geheimnisvoll und zu großen Teilen unbegreiflich, ist Machu Picchu ein Meisterwerk der Stadtplanung und Architektur – und aus jedem Winkel ein überwältigender Anblick.

Machu Picchu Weltwunder

Immer mehr Busse treffen ein, die die Tagestouristen über die asphaltierte Serpentinenstraße zum Eingangstor hinaufchauffieren. Sie fahren im Stundentakt und immer wenn in Aguas Calientes ein Zug eingetroffen ist. Täglich besuchen etwa zweitausend Personen die Inkastadt. Seit 1983 zählt sie zum UNESCO-Welterbe und seit 2007 zu den neuen sieben Weltwundern.

Blick auf Machu Picchu

Kraftort Machu Picchu

Auf Machu Picchu ist die Magie in der Luft so real, als könne man sie beinahe greifen. Angeblich sollen sich die Kraftplätze alter Hoch­kulturen auf den Kreuzungspunkten der Gitternetzlinien unseres Planeten befinden – Machu Picchu ist ein solcher Kraftort.

Wir sind die letzten, die die verlorene Stadt der Inka an die Nacht überreichen, ehe der Mensch ihre Tore wieder schließt.
Dann bettet sich die Ruinenstätte im Schatten der Nacht.
Machu Picchu ist eine Wunderlandschaft.
Voller Magie und von Friede erfüllt.
Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang.
Märchenhaft, wenn es nicht so real wäre.

Machu Picchu im Abendlicht

Weitere Infos auf:
Wikipedia
Geo

Ständig online: Der Sog der digitalen Welt

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Ständig online: Gab es eine Zeit vor dem Smartphone? Ja! Dieser Text beinhaltet Gedanken aus dem Jahr 2010. Damals besaß ich kein Smartphone und bin sechs Monate ohne Handy durch Südamerika gereist. Es war nur ein Albtraum, dass die Welt hinter die Displays ver-rückt … Und wo stehen wir heute?

Albtraum: Die analoge Welt ist ausgestorben

Online bin ich weggedriftet. Der stiftlose Schriftverkehr hat mich verkehrt gelenkt. Ich bin von Seite zu Seite gesprungen, wurde immer weiter verlinkt und nach irgendeinem Seitensprung, habe ich die Orientierung verloren. Als hätte mich jemand im Kreis gedreht, dreht sich die Welt im Kreis, obwohl ich bewegungslos verharre und nur apathisch auf den Bildschirm starre.

Das Internet hält mich gefangen.

Es ist das Zuhause aller, das Brot für die Welt, die Religion, an die alle glauben, ohne es zu wissen. Hier sind alle gleich, hier ist alles gerecht und doch rächt es sich, denn das Internet ist groß. Unendlich und doch endlich.

Wo ich aufhöre, fängt das Internet erst an: Es hat die Gedanken, die ich selber nicht habe. Es zeigt mir die Orte, an denen ich noch nicht war. Es spricht die Sprachen, die ich nicht verstehe. Es kennt meinen Geschmack und weiß, was ich suche, ehe ich weiß, was ich brauche. Es schlägt mir Freunde vor und Seiten auf, die zu mir passen. Es weiß alles und ich weiß, dass ich nichts weiß, nur wo ich es finde: Im Internet.

Aber das Internet ist groß. Unendlich und endlich grenzenlos. Endlich alle Grenzen los und macht kleine Menschen groß.

Es ist das Tagebuch aller, auch wenn jeder meint, seines läge sicher – und sicher ungelesen – in der Schublade des Nachttischs. Dabei sind die geheimsten Geheimnisse der großen Geheimdienste und die privatesten Privatsphären der kleinen Privatmenschen online ein offenes Buch, das man doch nicht aufschlagen kann, weil man nichts in den Händen hält und nichts in den Händen hat.

Das Internet ist groß. So groß, dass man sich selbst darin verliert und doch klein genug, um alles andere immer wieder zu finden. Die Datenströme halten mich gefangen wie ein unsichtbares Spinnennetz. Ich will hier raus! Aber das Internet geht nicht aus. Ich bin verloren und habe mich selbst verloren.

Findest du mich?
Findest du dich in mir wieder?

Wie schwer ist es doch, die Seele zur Ruhe zu bringen, wenn sie immer in Bewegung gehalten wird. Wenn ihre stoffliche Oberfläche an jeder weltlichen Möglichkeit haften bleibt und das sich darunter Befindende immer Wellen schlagen muss und niemals ruhig werden darf. Niemals laut werden darf. Niemals atmen darf, weil kaum jemand danach verlangt.

ständig online

Ständig online, weil die digitale Welt nicht schläft

Wie schwer ist es doch, die Seele zur Ruhe zu bringen, wenn man ständig die neuesten Meldungen aus aller Welt verfolgt und das Leben der anderen mitlebt. Wie ein kleiner Parasit, der immer mitisst, aber nie satt wird, klebe ich auf den Seiten der anderen, während meine Seite sich nicht füllt, weil sein Wirt ihn nicht mit Leben stillt.

Weil das Leben der anderen so aufregend ist und das eigene Leben nur aufregt, weil das Leben der anderen so lange weilt und das eigene Leben nur langweilt, bin ich online immer so gerne unterwegs.

Fiktive Außenshow und mangelnde Innenschau

Analog bin ich immer einsam, aber online bin ich nie allein. Hier habe ich tausende Freunde, die Dinge mit mir teilen, sich mir mitteilen und online mit mir verweilen. Dabei sind unsere Gesichter verzerrt, genau wie Realitäten: Als Avatars feiern wir Urlaube, Hochzeiten und Partys, die Schattenseiten hingegen verbergen wir offline – deshalb will da ja auch keiner mehr sein. Man stellt nur hin und wieder einen positiven Ausschnitt ins Netz rein.

Die virtuelle Existenz zeigt uns gebündelte Extravaganzen und das besondere Leben der anderen. Trügerische Wahrheit. Die Abgründe der Seele stellt niemand zur Schau. Wie die Werbung mit perfekt anmutenden Charakteren spielt, entwerfen wir in den sozialen Netzwerken einen makellosen Katalog unseres Selbst.

Haben wir die falschen Vorbilder?
Oder die falschen Bilder vor uns?

Perfekte Ästhetik, Erlebnishunger und hungern bis wir dem Ideal entsprechen – dabei kann uns tief im Innern gar nichts mehr satt machen. Wir haben Hunger nach Leben und bemerken es nicht, weil die Apathie nicht gern spricht. Die innere Leere wird im Außen gefüllt, zugemüllt und vom Aktionismus umhüllt.

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Ständig online wegen der Sucht nach Dopamin

Wie schwer ist es doch, die Seele zur Ruhe zu bringen, wenn man sich ständig fragt, wie viele ungelesene Nachrichten im virtuellen Briefkasten warten. Dabei ist es gar nicht das Wer oder das Wie viele – es ist viel mehr das sinnlose Ob jemand geschrieben hat. Ob da etwas ist, das man öffnen kann. Wie ein Geschenk, dessen Inhalt man nicht kennt, und wie ein Spender, dessen Namen man nicht nennt, braucht man nur das Blut. 

Online gehe ich den Weg zum Briefkasten deshalb unablässig, während ich den Blick in mein Postfach vor der Haustür nur noch einmal wöchentlich wage. Eine Nachricht auf dem überholten Briefweg kann ohnehin nicht von Bedeutung sein – sie hat Zeit. Wie schön für sie – ich habe sie nicht. Denn online ist immer was los und deshalb bin ich die Zeit los, ohne zeitlos zu sein. Immer auf dem Sprung und doch nie zum Absprung bereit, vergeht die Zeit und bleibt einfach nicht stehen und auch nicht bei mir.

Wieder ein Klick auf Posteingang – meine Zwangsneurose bekommt immer mehr Gewicht. Infiziert habe ich mich online und wenn ich die Sendezeit meiner E-Mails mit der Antwortzeit vergleiche, ist längst eine Epidemie ausgebrochen. Liegen zwischen Senden und Empfangen mehr als sechzig Minuten, ist meine Angstneurose aktiviert und ich sorge mich, dass der Angeschriebene, der Patient im Nachbarbett, an seiner Neurose verstorben ist. Ich hätte längst eine neue Nachricht erhalten müssen, was der Verabreichung meiner nächsten Tablette gleicht, sodass endlich die Angst weicht.

Doch nichts passiert.

Über Skype setze ich einen Notruf ab und klingle vergeblich nach meiner Schwester. Zur Ablenkung gehe ich online Shoppen und bezahle über Online-Banking die Rechnung meiner Bestellung.­ Das Internet kennt keinen Sonntag, das Internet ist immer nett.

Ständig online, doch innen immer hungrig

Das Internet kann alles, nur meinen Hunger stillt es nicht und so bedaure ich, dass Fast Food nur schnell und nicht schlank ist. Ich möchte es im Postfach haben und nach dem Download entpacken. Einen Buchstabensalat als Leibgericht, der meine innere Leere besticht. Nicht kochen, keinen Abwasch machen, kann das Internet das nicht machen? Denn ich kann hier nicht weg, sonst verpasse ich was.

Ich schlucke den Hunger runter, aber er macht mich nicht satt. Denn in mir lebt ein Teil, den weder das Ob, noch die Nahrung füllen kann. Nur ich könnte ihn füllen, wenn ich wüsste, wer ich bin und zwar ohne eingeloggt zu sein. Wenn ich wüsste, wer ich offline wäre, würde es mich dort noch geben. Aber da bin ich ja nicht, sonst verpasse ich was. Nur einmal in der Woche, wenn ich den Weg zum Briefkasten wage, wo mir niemand mehr begegnet und mich nichts erwartet.

Aber online ist immer was los. Die ganze Welt wittert twitternd, dass was passiert und zittert, wenn was passiert. Immer ist irgendwo Unruhe, denn über Ruhe kann man nicht berichten. Immer passieren irgendwo Katastrophen, denn der Alltag schreibt keine Geschichten.
Wir lieben das Extravagante und brauchen den Rausch, Normalsein war gestern und Traditionen auch.

Ver-rückte Welt

Unser Leben ist hinter den Bildschirm gerückt. Es findet zweidimensional, also ziemlich flach, vor kleinem Horizont statt. Die Tiefe geht verloren, die Oberflächlichkeit lebt. Man ist nur noch im Außen, das Innen verklebt. Natur ist das gekippte Fenster, Bewegung das gekonnte Fingerspiel über der Tastatur und eine gute Konversation ein virtueller Dialog.

Die analoge Welt ist ausgestorben.

Mein Albtraum ist wahr geworden und keiner hat es wahrgenommen, weil jeder hinterm Display steckt und niemand mal den Kopf ausstreckt. Dabei kann das Internet nicht träumen, nicht riechen, nicht fühlen, nicht lachen und keine schönen Dinge machen. Es betäubt die Sinne und klaut uns das Leben.

Sehnsucht nach Realität

Wenn die ganze Welt so funktioniert,
kann man sich nicht mehr rausnehmen,
nur noch ausgrenzen
und Grenzen schaffen,
die Raum für sich selber lassen,
auch wenn einen dann die anderen hassen.
Mal wieder mit sich sein, so ganz allein.
Mal wieder analog sein, nicht immer nur online.
Was früher ganz normal war,
ist heute eine Seltenheit.
Heute hat selten jemand Zeit,
weil jeder alles machen will,
weil jeder alles machen kann,
weil jeder überall sein will
und das am liebsten gleichzeitig.
Hier und da, im All und überm All,
und überall da, wo noch niemand war.
Und jeder will doch schon gleich wieder zurück sein,
um nicht zurückzubleiben,
und hinterherzueilen.
Denn wer den Anschluss verliert, verliert den Anschluss. Dabei sind wir längst kabellos vernetzt und dennoch in etwas verstrickt, das uns zusammenhalten soll, aber uns die Luft zum Atmen nimmt und manchmal erstickt.

Der Text ist ein Auszug aus meinem Buch „Zwischen den Zeilen reisen

Wann wird das Online-Sein gefährlich? (Planet Wissen)

Mein Buch „Achtsam oder abgelenkt?“ informiert über Hintergründe und Zusammenhänge der Anziehung digitaler Medien, stärkt das Bewusstsein für den Wert unserer Aufmerksamkeit und gibt Anregungen für eine gesunde Nutzung.

Das Thema ist auch Bestandteil meines Achtsamkeitseminars auf Sylt.

Was bedeutet Minimalismus?

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Was bedeutet Minimalismus? Vermutlich für uns alle etwas anderes. Ein paar Gedanken:

Minimalismus bedeutet für mich: Das Leben bewusst zu vereinfachen

Seit der Rückkehr aus Südamerika bedeutet Minimalismus für mich, mein hochkomplexes, stets durchgetaktetes Leben bewusst zu vereinfachen. Nur weil alles möglich ist, muss ich nicht alles Mögliche möglich machen. Es gilt, die unendlichen Optionen willentlich zu begrenzen.
Minimalismus in Zeiten des Überfluss’ bedeutet bewusstes Entsagen und eine Zeit lang nur für die Unerreichbarkeit erreichbar zu sein. Wenn ich schon nicht verreise, dann darf zumindest mein Handy in den Flugmodus.
Bei sich sein – das ist ganz leicht und scheint doch so schwer: Smartphone aus, offline sein, die Tür schließen – und sich dann mal allein in der Welt fühlen. Nicht in Kontakt mit allen, die sich auf dem Globus verteilen und doch mit im Wohnzimmer sitzen.
Nein! Ich will mich mal wieder atmen hören.
Und hören, ob da tief in mir drin noch jemand spricht.

Was bedeutet Minimalismus auf mentaler Ebene?

Minimalismus bedeutet auch, mal zehn Sekunden an nichts zu denken. Einfachheit passiert nicht nur auf materieller Ebene – Minimalismus beginnt im Kopf.
Es gilt, die Stille wieder hören zu lernen und auf die eigene Intuition zu vertrauen. Das haben viele in einer Welt voller Termine und Ratgeber verlernt.
Man denkt immer, das geht nicht. Dabei geht es doch.
Man muss es nur tun:
Sich raus aus dem Strom bewegen und ans Ufer setzen
– erst dann ist man wirklich im Fluss.
Schau doch mal von dort aus zu, wie alle um ihr Leben schwimmen, obwohl das ruhige Ufer so nahe ist.

Was bedeutet Minimalismus? Den Kern des Lebens berühren

Auch bei uns, inmitten des Wohlstands, der so viele spannende Möglichkeiten anspült, hat sich der Kern des Lebens nicht verändert: Das Leben selbst lebt immer noch vom Atmen, von der Liebe, von der Ruhe und der Nahrung.
Also atme, liebe, ruhe und nähre dich gut,
damit dein Körper, dein Geist und deine Seele
noch lange am Ufer sitzen und das Leben bewundern
und es leben können.
Das Leben ist einfach.
Wir sind es, die es komplex machen.
Also lebe es einfach.

Minimalismus ist ein Geschenk an uns selbst

Minimalismus ist das nackte Leben, ein Geschenk an uns. Und wir überlegen viel zu viel, wie wir es anziehen sollen, es schmücken sollen, es füllen sollen, anstatt einfach zu genießen, dass es ist.
Und dass wir sind.
Wir sind.
Meistens ziemlich gesund, meistens ziemlich in Frieden.
Und dass wir alles mitbekommen haben, was wir im Leben brauchen. Und sowieso nichts anderes mitnehmen können, als unsere Erfahrungen und die Liebe, die wir gegeben haben und bekommen durften.

Minimalismus stellt die Frage: Was brauche ich eigentlich wirklich?

All das Gerümpel bleibt eines Tages hier. Wir sollten anfangen zu reduzieren, uns aufs Wesentliche ­konzentrieren und unser Leben aufräumen: Die Wohnung, die Schränke, den Kopf und die beschränkten Gedanken. Und vielleicht noch den Kalender, damit mal wieder Zeit bleibt – für uns oder den Nächsten oder zum Nichtstun.
Schalt mal dein Handy aus.
Schalt mal deinen Kopf aus.
Und komm raus aus dem sich immer schneller drehenden Karussell des Lebens, welches das Leben verpasst.
Verpass dir mal eine Pause.
Atme ein
und
atme aus.
Und überleg dir, was du dann noch brauchst.

Dieser Text ist ein Auszug aus meinem Buch „Verlauf dich nicht – lebe einfach und bewusst“.